ePoster Gallery 2/2023
Volksappell – Eindringlicher Aufruf an die Öffentlichkeit
Es gestaltet sich als besondere Herausforderung, im kommerziellen Werbeumfeld den Blick der Passant:innen für soziale Anliegen mittels des Plakates zu gewinnen. Engagierte Gestaltende und vereinzelt auch kommerzielle Unternehmen zeichnen für die vorliegende Auswahl als Absender. Die Plakate sind breitgefächert in ihren Zielen, der Bildrhetorik und den Argumentationsstrategien.
Die Kommunikation sozialer Botschaften im Plakat erweist sich oftmals als Gratwanderung zwischen Verharmlosung, Banalisierung, Ästhetisierung, Schock oder intellektueller Unlesbarkeit. Darin spiegelt sich auch das Rezeptionsverhalten der Betrachtenden. In diesem Sinne sind die gezeigten Plakate eine Aufforderung, eigene Seh- und Denkgewohnheiten zu reflektieren und sich auf neue Bilder einzulassen.
Über die Darstellung von sozialen Appellen in Plakaten spricht Frau Nico Lazúla, Dokumentarin der Plakatsammlung des Museum für Gestaltung Zürich, in einem kurzen Interview.
Seit wann haben sich soziale Appelle mittels des Mediums Plakat etabliert?
Grundsätzlich sind politisch-soziale Plakate ein «Produkt» des ersten Weltkrieges. In den Folgejahren bis zur Weltwirtschaftskrise 1929 wird das Plakat als ideales Medium erkannt, um die noch jungen, formbaren Nationen in Arbeits- und Privatleben auf einen gleichgeschalteten Kurs auszurichten.
Spätestens seit den 1980er-Jahren, mit dem Wissen um Waldsterben und Tschernobyl, einer unaufhaltsamen Globalisierung, der übernationalstaatlichen «Entwicklungszusammenarbeit», den ersten Klimakonferenzen etc., sind Fragestellungen, Ängste und Handlungsbedarf im politischen und individuellen Denken auch im Medium Plakat präsent. Slogans wie «Rettet den Baum», «Frieden schaffen ohne Waffen» oder «Atomkraft-Nein-Danke» haben sich im Bewusstsein tief verankert. Die Appellrhetorik wird von staatlicher wie von nicht-staatlicher Seite produziert und genutzt.
Wo werden in der Auswahl subversive Strategien angewandt?
Die Kampagne der Stiftung Rassismus und Antisemitismus agiert anders: «Was machen Thailänderinnen, wenn es dunkel wird?». Das Fragen- und Antwortspiel der im Comicstil gestalteten Plakate ist so plakativ dargestellt, dass die Betrachtenden nicht vermeiden können, zu schmunzeln. Die Text- und Bildebene greifen auf bekannte Codes zurück, die subversiv modifiziert werden.
Ein anderes Beispiel:
In der Regel verwechselt niemand die Versprechen der Werbung mit der Realität. Politische und soziale Appelle bemühen sich jedoch explizit um einen Realitätsbezug. Wie ausgeprägt diese unausgesprochene Grenzziehung ist, lässt sich am besten in den Fällen nachvollziehen, in denen diese Übereinkunft gebrochen wird.
Das prominenteste Beispiel in diesem Kontext ist die von Oliviero Toscani entwickelte Werbekampagne für Benetton, die weltweit für Aufsehen sorgte. Die kontroversen Diskussionen veranschaulichen, dass die plakative Zurschaustellung von Bildern von Flüchtlingselend, Rassismus, Todesstrafe etc. diese Grenzziehungen verletzt. Dieselben Bilder, die in Nachrichtensendungen zum täglichen Geschäft gehören, sollen durch die völlig unerwartete Konfrontation im Werbeumfeld einen visuellen Schock erzielen und ein Umdenken einleiten.
Niklaus Troxler
Eine offene Schweiz, s.v.p.!
CH, 2016
Niklaus Troxler
[ohne Text]
CH, 1992
Gerda Frisch
AI Amnesty International
DE, um 1985
U. G. Sato
I'm here.
JP, 1993
Herbert Leupin
Leere Dosen zurückgeben!
CH, 1944
Hans Hillmann
Kind und Verkehr
DE, 1980
Rod Kommunikation
Danke, dass Sie Abfall am Bahnhof statt im Zug entsorgen.
CH, 2013
Atelier Zeugin / Mark Zeugin
Jung bleiben – nicht rauchen
CH, um 1958
Urs Grünig
Menschenrechte für Alle
CH, 1999
Karl
Sorgen – hinter jeder Wolke scheint die Sonne
DE, 1929
Atelier Bundi / Stephan Bundi
Stoppt die Folter
CH, 1985
Hans Erni
Rettet den Wald
CH, 1983
Pierre Neumann
Wohin würden Sie fliehen?
CH, 1992
Ruf Lanz Werbeagentur / Markus Ruf
Für Wildtiere ist es eine Qual, von Touristen betatscht zu werden.
CH, 2021
Franz Bühler
Kein Alkohol am Steuer
CH, 1954
Wirz Werbung
Was machen Thailänderinnen, wenn es dunkel wird?
CH, 2003
Anschlaege.de / Axel Watzke, Christian Lagé, Janneke De Rooij
"Mal ganz ehrlich, können Sie mit 100 Euro im Monat auskommen?"
DE, 2007
Shigeo Fukuda
Victory 1945
JP, 1975
cR Basel Werbeagentur
Niesen – Husten – Kein Aids‑Risiko
CH, 1990
Ulrich Kemmner
Lèpre
CH, 1965
Ikko Tanaka
Stop AIDS
JP, 1993
Frieder Grindler
Keine Atomraketen – Krefelder Appell
DE, 1980
Suunnittelutoimisto Both / Timo Berry
Foto: Timo Berry, Ida Pimenoff
Amnesty International
FI, 2003
Oliviero Toscani
United Colors of Benetton.
International, 1992
Germar Wambach
Terror – Error
DE, 1992
Various & Gould
New York – Vladimir – Arbeitslos
DE, 2007
Savaş Çekiç
[ohne Text]
TR, 1998
Grapus
Rich – Poor
FR, 1989
Pierre Mendell Design Studio / Pierre Mendell, Annette Kröger
share
DE, 2004
Mendell & Oberer / Pierre Mendell
Vor Gott sind alle Menschen gleich
DE, 1995
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