ePoster Gallery 1/2023
Rot sehen – Der plakative Einsatz einer Signalfarbe
Plakate auf die Verwendung einer bestimmten Farbe hin zu untersuchen, lädt zu einem neuen Blick auf ihre Gestaltung ein. Die Signalfarbe Rot wird besonders häufig verwendet, da das menschliche Auge sehr sensibel auf diesen Farbreiz reagiert. Die differenzierte Bezeichnung zahlreicher Farbnuancen wie Feuerrot, Blutrot, Hochrot verdeutlicht bereits die breitgefächerte Symbolkraft. Rot wird als warm und leidenschaftlich empfunden, wird mit Mut und Kraft in Verbindung gebracht. Die Farbe steht aber auch für Aggression und Zorn und dient oft als Warnfarbe. Diese Konnotationen schlagen sich ebenfalls im Sprachgebrauch nieder, so etwa beim Begriff «Rotsehen» oder dem international verwendeten Ausdruck «Rotes Tuch».
Warum die Auswahl nicht einfach war und die Farbe Rot speziell auffällt, erläutert Nico Lazúla, Dokumentarin der Plakatsammlung des Museum für Gestaltung Zürich, in einem kurzen Interview.
War es schwierig, diese spezielle Auswahl zusammenzustellen?
Ja und Nein. Nein, weil es eine Vielzahl Plakate in der Sammlung gibt, die massgeblich mit dieser Buntfarbe arbeiten. Ja, weil die Auswahl aus dieser Fülle nicht ganz einfach war. Es war mir wichtig, in dieser Zusammenstellung alle verschiedenen Plakatkategorien zu versammeln und die unterschiedlichen symbolischen Bedeutungsebenen der Farbe zu illustrieren. Der Umgang mit der Farbe und die Akzentsetzungen können so gut aufgezeigt und herauskristallisiert werden.
Was fällt auf, wie wird mit der Farbe umgegangen?
Das wechselvolle Zusammenspiel der drei Farben Schwarz-Weiss-Rot, manchmal auch nur im Zweierpakt auftretend, prägt die Plakatgestaltung der frühen Moderne in den 1930er-Jahren. Typograf:innen und Grafiker:innen setzen auf die visuelle Verführungskraft, die die Kombination von Rot mit Schwarz oder Weiss entwickelt. Sie sind aber auch angetan von der objektiven Strenge, die sich durch den Verzicht auf weitere Buntfarben ergibt.
Die Farbe Rot wird bis heute in sämtlichen Plakatkategorien eingesetzt. Begehrenswerte Produkte strahlen selbst in leuchtendem Rot oder werden vor rotem Hintergrund präsentiert. Die flauschigen Wollknäuel auf dem Kopf der Frau, die saftigen Erdbeeren oder das glühende Kohlebrikett strahlen eine haptische Sinnlichkeit aus, die wesentlich der Farbe zu verdanken ist. Bei Präventionsplakaten oder Hinweisen zur Verkehrssicherheit wird die Signalfarbe eingesetzt, um auf eine Gefahr oder ein Wagnis hinzuweisen. Die Werbung hat sich somit früh sowohl der visuellen als auch der psychologischen Wirkungskraft dieser Farbe bedient, um in der visuellen Überflutung die Aufmerksamkeit der Vorbeiziehenden zu gewinnen.